Gute Obstqualität trotz Hitzesommer / Pflegerückstand verursacht teils starken Astbruch
Stuttgart – Das Streuobstjahr 2018 war im Rückblick ungewöhnlich. „2018 war ein sehr starkes Streuobstjahr mit einem überdurchschnittlichen September. Trotz der enormen Trockenheit in diesem Sommer waren Ausbeute, Fruchtgröße und Qualität gut“, sagt Ralf Hilzinger, Mostereibesitzer und NABU-Vorsitzender aus Esslingen. Vor allem im September seien die Mostereien im Land von angelieferten Äpfeln und Birnen überflutet worden. „Allerdings reiften manche Früchte aufgrund der Hitze frühzeitig und fielen ab, hatten Sonnenbrand oder waren teils deutlich kleiner, etwa bei den Quitten“, fasst der Streuobstfachmann zusammen.
Unter der enormen Obstmenge gelitten hat die große Zahl an ungepflegten Streuobstbäumen. In manchen Gebieten betrifft dies etwa ein Drittel des Streuobstbestandes. „Der Pflegerückstand ist in einigen Gebieten im Land sehr augenscheinlich. Große Äste sind unter der schieren Last der Früchte abgebrochen. In die Bruchstellen dringen Feuchtigkeit und Pilze ein. Wird ein Baum nicht versorgt, beschleunigt sich der Alterungsprozess. Das Jahr 2018 zeigt daher, wie wichtig ein regelmäßiger, fachgerechter Obstbaumschnitt ist, um die Bäume viele Jahre vital zu halten“, mahnt Hilzinger. Dieser kann auch helfen, die sogenannte Alternanz im Obstbau abzumildern: Das sind Jahre mit Massenerträgen relativ kleiner Früchte.
Der Massenertrag im Streuobstsektor kam für den NABU nicht überraschend. Markus Rösler, Sprecher des NABU-Bundesfachausschuss Streuobst, sagt dazu: „2017 hatten wir insbesondere in Südwestdeutschland die schlechteste Streuobsternte seit rund 60 Jahren. Da war aufgrund der Alternanz für 2018 mit einer guten Ernte zu rechnen. Auf einen eher nassen Winter folgte ein sonniges, warmes Frühjahr ohne größeren Frost. Die Wasserspeicher der Böden und Bäume waren voll. Im Gegensatz zu 2017 gab es keinen nennenswerten Spätfrost, so dass sich eine weit überdurchschnittliche Ernte entwickelte.“
Über eine Million Tonnen Äpfel aus den hochstämmigen Streuobstbeständen wurden in Deutschland 2018 in den Keltereien geerntet und verarbeitet, in Baden-Württemberg rund 60 Prozent davon. Das ist rund viermal so viel wie 2017, als in Deutschland nur rund 250.000 Tonnen Streuobstäpfel gepresst wurden. Ein immer größerer Teil wird hierbei als Bio-Streuobst erzeugt und vermarktet. „In Baden-Württemberg gibt es bereits mehr als 9.000 Hektar Bio-Streuobstwiesen – das sind rund 75 Prozent der Bio-Obstbauflächen im Land. Diese Umstellung auf biologische Erzeugung, die Aufpreisvermarktung sowie das zunehmende Angebot mobiler Mostereien führen dazu, dass das Aufsammeln von Streuobst im Land wieder attraktiver wird. Dies ist ein wichtiger Baustein, damit die Bäume gepflegt werden und als Lebensraum für gefährdete Arten wie Wendehals und Gartenrotschwanz erhalten bleiben“, sagt Rösler.